Mehr Allergien durch nächtliche Lichteinwirkung

Dass Licht bei Nacht den Schlaf stört und unseren Schlaf-wach-Rhythmus durcheinanderbringt, weil die Ausschüttung des „Schlafhormons“ Melatonin im Gehirn durch nächtliche Lichteinwirkung gedrosselt wird, weiß man schon seit langem. Eine neue Untersuchung hat nun gezeigt, dass nächtliche Lichtexposition auch die Entstehung von Allergien und allergischen Erkrankungen fördern kann – eine erschreckende Erkenntnis, denn die Lichtverschmutzung in unseren Großstädten nimmt immer mehr zu! Und nicht nur das: Wir nutzen abends und nachts auch immer öfter Bildschirme, Smartphone-Displays und LED-Lampen mit hohem Blaulichtanteil, der die Melatoninproduktion besonders stark unterdrückt.

Die Nacht zum Tag machen birgt Risiken

Eigentlich sind wir Menschen „tagaktive Säugetiere“. Doch seitdem es elektrisches Licht gibt, machen wir die Nacht immer mehr zum Tage. Dazu trägt nicht nur die Verlagerung unserer Freizeitaktivitäten in die Abend- und Nachtstunden, sondern auch die zunehmende Häufigkeit von Schichtarbeit bei. Man weiß, dass Nachtschichtarbeiter und Abendtypen (sogenannte „Eulen“) ein besonders hohes Risiko für Schlafprobleme und bestimmte chronische Krankheiten – z. B. Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkran- kungen, Krebs und psychische Störungen – haben.

Noch relativ neu ist dagegen die Erkenntnis, dass nächtliche Lichteinwirkung auch das Allergie-Risiko erhöht. Eine Übersichtsarbeit über insgesamt zwölf Studien mit mehr als 850 000 Probanden untersuchte, wie drei verschiedene Faktoren – die Einwirkung von künstlichem Licht bei Nacht, Schichtarbeit und Chronotyp (also die Frage, ob jemand ein Morgen- oder Abendtyp ist) – sich auf die Häufigkeit allergischer Erkrankungen wie Asthma, allergischer Schnupfen und Hautallergien auswirken. Diese Metaanalyse zeigte, dass das Risiko für solche Krankheiten am allergrößten ist, wenn Menschen nachts künstlichem Licht ausgesetzt sind. Solche Menschen haben:

• ein um fast 90 % erhöhtes Risiko für allergischen Schnupfen

• und ein um über 60 % erhöhtes Risiko für Asthma.

• ihr Risiko für Hautallergien ist um 11 % erhöht.

Abendtypen (sogenannte Eulen) und Nachtschichtarbeiter entwickeln ebenfalls häufiger allergische Erkrankungen als „tagaktive“ Menschen.

Kinder und Jugendliche sind besonders gefährdet

Besonders hoch ist das Risiko, durch nächtliche Lichteinwirkung Allergien zu entwickeln, laut den Ergebnissen dieser Metaanalyse bei Jugendlichen. Die Autoren warnen in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor den negativen Auswirkungen, die unbehandelte allergische Erkrankungen bei Kindern im späteren Leben haben können. Und diese Warnung ist auch durchaus berechtigt, denn man weiß, dass unbehandelte Allergien sich im Lauf der Zeit häufig ausweiten. Bei vielen Patienten, die anfangs nur an einem allergischen Schnupfen leiden, findet im Lauf der Zeit ein „Etagenwechsel“ statt: Das heißt, sie entwickeln zusätzlich auch noch ein allergisches Asthma. Gerade deshalb ist es so wichtig, Allergien möglichst frühzeitig und effizient zu behandeln.

„Die Häufigkeit von allergischen Erkrankungen (v. a. Atemwegsallergien wie Asthma und allergischem Schnupfen) nimmt weltweit in rasantem Tempo zu, und das stellt für Kinder und Jugendliche ein großes Gesundheitsproblem dar“, schreiben die Autoren der Metaanalyse. „Oft versucht man diese Erkrankungen durch Verhaltensänderungen (z. B. eine Veränderung der Ernährung und des Lebensstils) in den Griff zu bekommen.“ Doch auch ganz einfache Veränderungen des physischen Lebensumfelds können zur Lösung dieses Problems beitragen: Zum Beispiel könnte man die Beleuchtung von Innenräumen so umgestalten, dass die Lampen einen geringeren Blaulichtanteil enthalten, und Computerbildschirme oder Smartphone-Displays abends in den Nachtmodus umschalten. Dank solcher Maßnahmen bräuchten Allergiker dann vielleicht weniger antiallergische Medikamente.

Außerdem sollte gerade bei Kindern und Jugendlichen ganz besonders auf gute Schlafhygiene geachtet werden. „Eltern müssen dafür sorgen, dass ihre Kinder keinen zu stark abendorientierten Lebensstil entwickeln, um in den Abendstunden keiner übermäßigen Lichteinwirkung ausgesetzt zu sein.“

Nachtschicht und deren Folgen

Eine weitere Risikogruppe sind Nachtschichtarbeiter: Sie könnten durch die ständige nächtliche Lichtexposition allergische Erkrankungen entwickeln, wenn sie eine besondere genetische Veranlagung dafür haben. Durch vorbeugende Maßnahmen wie beispielsweise Brillen, die Blaulicht herausfiltern, oder einen geringeren Blaulichtanteil der Beleuchtung am Arbeitsplatz könnte man dieses Risiko senken. Außerdem ist es sicherlich sinnvoll, Nachtschichten bei Menschen mit schweren allergischen Erkrankungen zu reduzieren.

Dass nächtliche Lichteinwirkung das Immunsystem beeinflussen kann, hatten bereits frühere Untersuchungen ergeben. Warum sie speziell die Entwicklung von Allergien fördern kann, weiß man bisher allerdings nicht genau; hierzu müssten erst noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

Anne Greveling
das schlafmagazin, 4/2024